Sorgsamer mit sich selbst
Marco Schreyl über den Verlust seiner Eltern, seinen neuen Blick aufs Leben – und seinen Partner

Es war ein schleichender Prozess. Marco Schreyl, 49, kannte seine Mutter Petra stets als lebensfrohen, liebevollen Menschen, doch plötzlich reagierte sie immer häufiger aggressiv. Das war für alle in ihrer Umgebung unerklärlich – bis zur ärztlichen Diagnose 2015: Chorea Huntington, eine erbliche Funktionsstörung des Gehirns.
Vor zwei Jahren starb Marco Schreyls Mutter. Im GALA-Interview spricht der RTL-Moderator jetzt über das Abschiednehmen, die plötzliche Nähe zu seinem Vater – und sein überraschendes Coming-out.
Sie haben Ihre Mutter bis ans Sterbebett begleitet. Wie ist es Ihnen dabei ergangen?
Nach ihrem Tod wurde mir bewusst, dass ich sie 2021 körperlich verloren habe, dass der eigentliche Verlust aber bereits Jahre zuvor stattfand. Das wollte ich während der Krankheitsphase nicht akzeptieren. Ich wollte ihr helfen, wollte, dass es ihr gut geht. Heute weiß ich, dass ich meine Mutter schon in ihren letzten Lebensjahren Schritt für Schritt verloren habe
War ihr Tod schließlich auch eine Erleichterung?
Ja, in der Nacht im Krankenhaus, in der ich mich glücklicherweise von ihr verabschieden durfte, habe ich das genauso empfunden. Ich habe mir gewünscht, dass sie meine Stimme nicht als eine Bedrohung, sondern als Beruhigung empfindet und dass sie sich fallen lassen kann.
Die Krankheit entzweite Ihre Eltern, Ihr Vater zog deshalb für ein Jahr zu Ihnen.
Das war ein Geschenk fürs Leben! Ich habe mit ihm über Dinge geredet, über die wir noch nie gesprochen hatten. Das lässt mich als einziges akzeptieren, dass das Schicksal mir auch ihn so früh genommen hat. Er starb mit 63 Jahren an den Folgen einer unerkannten vererbbaren Mutation des Herzens. Neben all den schweren Jahren mit meiner Mutter konnte ich immerhin meinen Vater ganz nah bei mir haben.
Sie haben sich im Job nie etwas anmerken lassen, haben immer funktioniert. Welche Folgen hatte das für Sie?
Die stressbedingte Gürtelrose war die Spitze des Eisbergs. Da habe ich wirklich gemerkt, dass mein Körper rebelliert. Meine Mutter rief nachts um halb vier an, war aggressiv. Ich legte auf – und es klingelte wieder. Manchmal hatte ich Augenringe bis unter die Kniescheiben.
Welche Lehren haben Sie für sich aus dieser Zeit gezogen?
Ich gehe viel sorgsamer mit meinem Körper um. Nach der Erkrankung meines Vaters lasse ich jetzt mein Herz kontrollieren. Und ich versuche mir Tage freizunehmen oder mache Wanderungen ohne Handy.
Mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit haben Sie die Krankheit Ihrer Mutter geerbt.
Die große Frage, ob ich dasselbe Schicksal wie meine Mutter habe, trage ich aktuell mit mir herum. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich den Test machen soll.
In Ihrem Buch sprechen Sie erstmals auch über Ihre Liebe zu Ihrem Partner. Was hat sie dazu bewogen?
Für mich war es wichtig, diese Fragen nicht mehr gestellt zu bekommen. Es soll als selbstverständlich angesehen werden, dass es eine Person in meinem Leben gibt, die mir alles bedeutet. Und machen wir uns nichts vor: Ich werde demnächst 50 – und wer es bis jetzt nicht gemerkt hat, der ist selber schuld. (lacht)
Manchmal hatte ich Augenringe bis unter die Kniescheiben
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